Autoimmunerkrankungen & neurologische Erkrankungen des Auges: 

Autor: Dr. Victor Derhartunian 13 Januar 2025

Unsere Augen sind Fenster zur Welt – doch was passiert, wenn sie von Krankheiten betroffen sind, die tief im Körper verborgen liegen? Autoimmunerkrankungen und neurologische Störungen können nicht nur die Gesundheit beeinträchtigen, sondern auch die Sehkraft gefährden. Plötzlich auftretende Sehstörungen, Doppelbilder oder schleichender Sehverlust – oft liegen die Ursachen nicht im Auge selbst, sondern in einem überaktiven Immunsystem oder geschädigten Nerven.

Welche Krankheiten können das Sehen beeinflussen? Wie erkennt man erste Symptome? Und welche Rolle spielen Autoimmunreaktionen und das Nervensystem bei Augenerkrankungen? In diesem Beitrag erfahren Sie, welche Zusammenhänge zwischen Autoimmunerkrankungen, neurologischen Störungen und der Augengesundheit bestehen und wie Sie Ihre Augen schützen können – für eine klare Sicht und ein besseres Verständnis dieser komplexen Erkrankungen.

Typische Autoimmunerkrankungen des Auges

Eine Autoimmunerkrankung sollten Sie nie auf die leichte Schulter nehmen. Neben vielen weiteren Auswirkungen kann sie auch einen Effekt auf Ihre Augen haben. Die folgenden drei Autoimmunkrankheiten bzw. direkte Folgen von solchen sind besonders häufig und/oder haben einen besonders starken Einfluss auf Ihre Augen: 

Uveitis – Entzündung im Inneren des Auges

Die Uveitis ist eine entzündliche Erkrankung, die den mittleren Bereich des Auges, die sogenannte Uvea, betrifft. Diese Struktur umfasst die Regenbogenhaut (Iris), den Strahlenkörper (Ziliarkörper) und die Aderhaut (Choroidea). Häufig steht die Uveitis im Zusammenhang mit einer Autoimmunerkrankung des Auges oder einer systemischen Autoimmunerkrankung, die auch andere Teile des Körpers betrifft.

Symptome und Auswirkungen

Patient:innen mit Uveitis leiden oft unter:

  • Rötung des Auges, begleitet von Schmerzen und Lichtempfindlichkeit.
  • Verschwommenem Sehen oder der Wahrnehmung von schwarzen Punkten (sogenannten „Floater“).
  • In schwereren Fällen: Sehverlust oder dauerhafte Schäden am Auge.

Die Symptome variieren je nach Art der Uveitis (vordere, mittlere oder hintere Uveitis) und können akut oder chronisch verlaufen.

Ursachen: Wenn das Immunsystem überreagiert

Die Uveitis ist oft das Ergebnis einer autoimmunen Reaktion, bei der das Immunsystem fälschlicherweise körpereigenes Gewebe angreift. Typische Auslöser sind:

  • Systemische Autoimmunerkrankungen wie Rheumatoide Arthritis, Morbus Bechterew oder Lupus erythematodes.
  • Infektionen, die eine Entzündung im Auge begünstigen.
  • Idiopathische Ursachen, bei denen keine klare Diagnose möglich ist.

In seltenen Fällen ist auch eine Autoimmunerkrankung des Augenlids beteiligt, was die Behandlung erschweren kann.

Diagnosen und Behandlungen

Die Diagnose der Uveitis erfolgt durch eine gründliche augenärztliche Untersuchung, oft ergänzt durch Laboranalysen und bildgebende Verfahren, um systemische Autoimmunkrankheiten auszuschließen.

Behandlungsoptionen umfassen:

  • Kortikosteroide: Entzündungshemmende Medikamente als Augentropfen, Tabletten oder Injektionen.
  • Immunsuppressiva: Für schwerere Verläufe oder wenn Kortikosteroide allein nicht ausreichen.
  • Behandlung der zugrundeliegenden Autoimmunkrankheit: Eine interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Augenarzt und Rheumatologe ist oft notwendig.

Sjögren-Syndrom – Das trockene Auge als Hauptmerkmal 

Das Sjögren-Syndrom ist eine chronische Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem die Tränen- und Speicheldrüsen angreift. Dies führt zu einem trockenen Auge, das häufig mit Brennen, Fremdkörpergefühl und verschwommenem Sehen einhergeht. In schweren Fällen kann die Augenoberfläche beschädigt werden.

Symptome und Ursachen

Neben trockenem Auge (Keratokonjunktivitis sicca) erleben Betroffene oft trockenen Mund und allgemeine Müdigkeit. Das Sjögren-Syndrom tritt häufig in Verbindung mit anderen Autoimmunerkrankungen wie Rheumatoider Arthritis oder Lupus auf. Es entsteht durch eine Fehlfunktion des Immunsystems, die die Tränendrüsen schädigt und die Tränenproduktion reduziert.

Diagnosen und Behandlungen

Die Diagnose basiert auf einer Kombination von Symptomen, speziellen Tests zur Tränenproduktion und Laborwerten, die auf Autoimmunkrankheiten hinweisen.

Behandlungsoptionen umfassen:

  • Künstliche Tränen oder Gele, um die Augenoberfläche zu befeuchten.
  • Entzündungshemmende Augentropfen oder Immunsuppressiva zur Kontrolle der zugrunde liegenden Autoimmunreaktion.
  • Maßnahmen wie Raumluftbefeuchtung oder Lidpflege zur Linderung der Beschwerden.

Multiple Sklerose – Wenn das Immunsystem die Nerven schädigt 

Multiple Sklerose (MS) ist eine chronische Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem die Schutzschicht der Nervenfasern, die sogenannten Myelinscheiden, angreift. Diese Schädigung betrifft das zentrale Nervensystem und kann auch die Sehnerven und damit die Augenfunktion beeinträchtigen.

Symptome und Auswirkungen auf die Augen

Ein häufiges Augenproblem bei MS ist die Optikusneuritis, eine Entzündung des Sehnervs. Typische Symptome sind:

  • Plötzlicher Verlust oder Verschlechterung des Sehvermögens.
  • Schmerzen hinter dem Auge, besonders bei Bewegung.
  • Farbsinnstörungen und verschwommenes Sehen.

Diese Beschwerden können temporär sein, aber bei wiederholten Schüben auch dauerhafte Schäden hinterlassen.

Ursachen und Mechanismen

Die Ursache liegt in einer Fehlsteuerung des Immunsystems, das körpereigene Strukturen angreift. Dieser Angriff führt zu Entzündungen und Narbenbildung im zentralen Nervensystem, die die Signalübertragung der Nerven stören – auch im Bereich der Augen.

Diagnosen und Behandlungen

Die Diagnose erfolgt durch neurologische Untersuchungen, MRT-Scans und spezielle Tests wie die Messung der Sehbahnreaktionen (VEP). Zur Behandlung der Augenprobleme bei MS kommen folgende Maßnahmen zum Einsatz:

  • Kortikosteroide zur Linderung akuter Entzündungen.
  • Immuntherapien wie Interferone oder monoklonale Antikörper, um das Fortschreiten der MS zu verlangsamen.
  • Unterstützende Therapien wie Sehhilfen oder visuelle Rehabilitation bei bleibenden Schäden.

Neurologische Erkrankungen des Auges: Das Nervensystem und Autoimmunerkrankung Auge 

Neben autoimmunen Erkrankungen können auch neurologische Probleme negative Auswirkungen auf die Augengesundheit haben. 

Optikusneuropathien – Schäden am Sehnerv

Optikusneuropathien sind Erkrankungen, bei denen der Sehnerv geschädigt wird und die Signalübertragung zwischen Auge und Gehirn beeinträchtigt ist. Sie können durch verschiedene Ursachen ausgelöst werden, darunter Autoimmunerkrankungen oder neurologische Störungen.

Symptome und Auswirkungen

Typische Anzeichen einer Optikusneuropathie sind:

  • Verschlechterung des Sehvermögens, oft plötzlich oder schleichend.
  • Gesichtsfeldausfälle, bei denen bestimmte Bereiche des Sichtfeldes nicht wahrgenommen werden.
  • Störungen der Farbwahrnehmung, häufig mit einem blasseren oder verfärbten Seheindruck.

Die Symptome können von Person zu Person variieren und hängen von der Schwere und Ursache der Schädigung ab.

Ursachen und Mechanismen

Optikusneuropathien entstehen durch:

  • Autoimmunkrankheit Augen wie Multiple Sklerose, bei denen das Immunsystem die Myelinschicht des Sehnervs angreift.
  • Durchblutungsstörungen im Sehnerv, z. B. bei einem Augeninfarkt (nicht-arteriitische anteriore ischämische Optikusneuropathie, kurz NAION).
  • Toxische Schäden, ausgelöst durch Medikamente, Alkohol oder Vitaminmangel.

Die zugrunde liegenden Mechanismen beinhalten häufig eine Entzündung, die die Nervenfasern schädigt und die Signalweiterleitung behindert.

Diagnosen und Behandlungen

Eine genaue Diagnose erfordert:

  • Augenärztliche Untersuchungen, einschließlich Gesichtsfeldmessungen und Sehnervenprüfung.
  • Bildgebende Verfahren wie MRT, um entzündliche oder strukturelle Veränderungen zu erkennen.
  • Bluttests, um mögliche Autoimmunkrankheiten auszuschließen.

Die Behandlung richtet sich nach der Ursache:

  • Kortikosteroide oder Immuntherapien bei entzündlichen oder autoimmunen Ursachen.
  • Verbesserte Durchblutung bei ischämischen Neuropathien durch Medikamente oder Lebensstiländerungen.
  • Entgiftung und Nährstoffausgleich bei toxischen Schäden.

Myasthenia Gravis – Muskelschwäche mit Folgen für die Augen 

Myasthenia Gravis (MG) ist eine chronische Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem die Signalübertragung zwischen Nerven und Muskeln stört. Besonders betroffen sind häufig die Augenmuskeln, was zu charakteristischen Sehstörungen führt.

Symptome und Auswirkungen auf die Augen

Bei Myasthenia Gravis sind die ersten Anzeichen oft im Bereich der Augen sichtbar, darunter:

  • Hängende Augenlider (Ptosis), meist einseitig, im Verlauf oft beidseitig.
  • Doppelbilder, verursacht durch die ungleichmäßige Schwäche der Augenmuskeln.
  • Schwankende Symptome, die sich im Laufe des Tages verschlechtern – typischerweise nach Belastung oder gegen Abend.

Diese Augenprobleme können erheblich einschränken, aber sie sind oft die erste Spur, die auf die zugrunde liegende Erkrankung hinweist.

Ursachen und Mechanismen

Die Erkrankung wird durch autoimmune Reaktionen verursacht, bei denen Antikörper die Acetylcholinrezeptoren an der Verbindung zwischen Nerv und Muskel blockieren. Dadurch wird die Muskelaktivität gestört, und es kommt zur charakteristischen Muskelschwäche.

Warum die Augenmuskeln besonders anfällig sind, ist nicht vollständig geklärt. Ihre konstante Aktivität und geringe Muskelmasse könnten jedoch eine Rolle spielen.

Diagnosen und Behandlungen

Die Diagnose erfolgt durch:

  • Klinische Tests, z. B. der „Ice-Test“, bei dem die Ptosis durch Kälte vorübergehend verbessert wird.
  • Blutuntersuchungen auf spezifische Antikörper.
  • Elektrophysiologische Tests, um die gestörte Signalübertragung nachzuweisen.

Behandlungsmöglichkeiten:

  • Acetylcholinesterase-Hemmer, die die Signalübertragung verbessern.
  • Immunsuppressiva, um die autoimmune Reaktion zu kontrollieren.
  • In einigen Fällen: Thymektomie, eine chirurgische Entfernung des Thymus, wenn dieser vergrößert ist.

Bei schweren Verläufen können Plasmapherese oder intravenöse Immunglobuline zur schnellen Verbesserung eingesetzt werden.

Schlaganfälle und Sehstörungen 

Ein Schlaganfall kann schwerwiegende Auswirkungen auf das Sehvermögen haben, da er die Durchblutung des Gehirns oder der Augen beeinträchtigt. Diese neurologische Erkrankung tritt plötzlich auf und erfordert sofortige medizinische Behandlung, um bleibende Schäden zu verhindern.

Symptome und Auswirkungen auf die Augen

Bei einem Schlaganfall können folgende Sehstörungen auftreten:

  • Gesichtsfeldausfälle: Bestimmte Bereiche des Sichtfelds sind nicht mehr wahrnehmbar (z. B. halbseitiger Gesichtsfeldausfall).
  • Verschwommenes oder verzerrtes Sehen: Durch gestörte Signalübertragung zwischen Auge und Gehirn.
  • Doppelbilder: Oft durch Lähmung oder Schwäche der Augenmuskeln.
  • Plötzlicher Sehverlust auf einem oder beiden Augen, verursacht durch Durchblutungsstörungen des Sehnervs oder der Netzhaut.

Diese Sehstörungen können sowohl kurzzeitig als auch dauerhaft sein, je nach Ausmaß der Schädigung.

Ursachen und Mechanismen

Ein Schlaganfall entsteht durch eine Unterbrechung der Blutversorgung des Gehirns:

  • Ischämische Schlaganfälle: Durch Blutgerinnsel oder Verstopfungen der Arterien.
  • Hämorrhagische Schlaganfälle: Durch Einblutung in das Hirngewebe.

Wenn Regionen des Gehirns betroffen sind, die für die Verarbeitung von visuellen Informationen zuständig sind, oder wenn die Blutversorgung des Auges (z. B. der Netzhautarterien) unterbrochen wird, treten die genannten Sehstörungen auf.

Diagnosen und Behandlungen

Die Diagnose erfolgt durch bildgebende Verfahren wie CT oder MRT, um den Ort und die Ursache des Schlaganfalls zu bestimmen. Zusätzlich werden neurologische und augenärztliche Untersuchungen durchgeführt, um die Sehstörungenzu bewerten.

Behandlungsmöglichkeiten:

  • Akutversorgung: Thrombolyse (Auflösung des Blutgerinnsels) oder operative Maßnahmen bei Blutungen.
  • Langfristige Rehabilitation: Visuelle Übungen, Sehhilfen oder Gesichtsfeldtraining zur Verbesserung der visuellen Funktionen.
  • Vorbeugung: Behandlung von Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Diabetes und Cholesterin.

Prävention und Früherkennung: So schützen Sie Ihre Augen 

Ihre Augen sind sensibel und eng mit Ihrem allgemeinen Gesundheitszustand verbunden. Gerade bei Autoimmunerkrankungen und neurologischen Störungen ist eine frühzeitige Diagnose entscheidend, um das Sehvermögen zu bewahren. Mit den richtigen Vorsorgemaßnahmen können Sie Ihre Augen langfristig schützen.

1. Regelmäßige augenärztliche Untersuchungen

Ein frühzeitiger Besuch beim Augenarzt ist besonders wichtig, wenn Sie Risikofaktoren wie Autoimmunerkrankungen oder neurologische Erkrankungen haben. Der Augenarzt kann:

  • Veränderungen an der Netzhaut, Sehnerv oder Augenmuskulatur frühzeitig erkennen.
  • Symptome wie Trockenheit, Entzündungen oder Sehstörungen abklären.
  • Die Entwicklung von Erkrankungen wie Uveitis, Optikusneuritis oder Schlaganfall-bedingten Sehstörungenrechtzeitig behandeln.

2. Gesunde Lebensweise für starke Augen

Ein gesunder Lebensstil trägt wesentlich zur Augengesundheit bei:

  • Ausgewogene Ernährung: Nährstoffe wie Omega-3-Fettsäuren, Vitamin A und Antioxidantien schützen die Augen.
  • Bewegung: Fördert die Durchblutung und senkt das Risiko von Schlaganfällen und Durchblutungsstörungen.
  • Stressmanagement: Reduziert den negativen Einfluss auf das Immunsystem, was bei Autoimmunerkrankungen hilfreich ist.

3. Risikofaktoren kontrollieren

Das Risiko für Augenprobleme lässt sich minimieren, indem Sie:

  • Bluthochdruck, Diabetes und Cholesterin regelmäßig kontrollieren und behandeln lassen.
  • Nikotin vermeiden, da Rauchen die Durchblutung der Augen und des Sehnervs beeinträchtigt.
  • Bildschirmzeiten reduzieren und Pausen einlegen, um trockenen Augen vorzubeugen.

4. Frühwarnsignale ernst nehmen

Symptome wie:

  • Plötzlicher Sehverlust,
  • Schmerzen im Auge oder
  • Gesichtsfeldausfälle
    sollten immer als Warnzeichen für ernsthafte Erkrankungen gesehen werden. Zögern Sie in solchen Fällen nicht, ärztlichen Rat einzuholen.
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Autor:

Dr. Victor Derhartunian

Nachdem er sein Handwerk von den beiden Pionieren der Laserchirurgie gelernt hat, gehört Dr. Victor Derhartunian zu den führenden Chirurgen in Europa. Der leitende Augenchirurg bei EyeLaser in Zürich kann seine Patienten in 5 Sprachen beraten.

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