Nachtblindheit (Hemeralopie): Ursachen, Symptome & Behandlung bei schlechtem Sehen bei Dunkelheit und Dämmerung

Autor: Dr. Victor Derhartunian 2 April 2025

Wenn es dunkel wird, verlässt sich der Mensch mehr denn je auf seine Augen – beim Autofahren, beim Spazierengehen oder einfach nur, um sicher durch den Alltag zu kommen. Doch was, wenn genau das Sehen im Dunkeln plötzlich schwerfällt? Die Nachtblindheit, auch Hemeralopie genannt, betrifft mehr Menschen, als man denkt – oft bleibt sie lange unentdeckt. In diesem Artikel erfahren Sie, was Nachtblindheit genau ist, welche Ursachen dahinterstecken, wie man sie erkennt und welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt. Besonders dann, wenn die Sicht in der Dämmerung oder bei Nacht mehr Rätsel aufgibt als Orientierung bietet. 

Was ist Nachtblindheit (Hemeralopie)?

Die sogenannte Nachtblindheit, medizinisch auch Hemeralopie oder in französischer Schreibweise héméralopie genannt, beschreibt eine eingeschränkte Fähigkeit, bei Dunkelheit oder Dämmerung zu sehen. Betroffene Menschen können bei schwachem Licht deutlich schlechter sehen als bei Tageslicht – manche sogar so schlecht, dass sie beim Autofahren in der Dunkelheit kaum noch Umrisse oder Hindernisse erkennen. Es handelt sich dabei nicht um eine klassische Sehschwäche, sondern um eine Funktionsstörung des Auges, die in der Regel auf eine Störung in der Netzhaut zurückgeht.

Im Inneren der Netzhaut befinden sich zwei Arten von Lichtsinneszellen:

  • Zapfen, die für das Farbsehen und Sehen bei Helligkeit zuständig sind,
  • Stäbchen, die das Sehen in der Dunkelheit ermöglichen.

Bei einer Hemeralopie sind genau diese Stäbchen in ihrer Funktion beeinträchtigt – sie reagieren nicht (mehr) ausreichend auf das geringe Licht in der Dämmerung oder Nacht. Das Resultat ist ein deutlich eingeschränktes Sehvermögen bei schlechten Lichtverhältnissen – auch bekannt als Nachtblindheit.

Wichtig zu wissen:

  • Menschen mit Nachtblindheit können tagsüber oder bei guter Beleuchtung völlig normal sehen.
  • Die Störung kann angeboren oder erworben sein.
  • Sie ist nicht mit Tagblindheit zu verwechseln, die das Sehen bei Helligkeit betrifft.

Warum Hemeralopie keine klassische Sehschwäche ist

Im Gegensatz zu typischen Sehschwächen wie Kurzsichtigkeit oder Weitsichtigkeit, bei denen das Bild im Auge nicht korrekt fokussiert wird, liegt bei Hemeralopie ein Funktionsproblem der Netzhaut vor – genauer gesagt der Stäbchenzellen, die für das Sehen bei schwachem Licht verantwortlich sind. Das Auge kann bei Tageslicht vollkommen normal sehen, aber bei Dunkelheit fehlt die Lichtverarbeitung. Deshalb spricht man bei der Nachtblindheit nicht von einer klassischen Sehschwäche, sondern von einer spezifischen Form der Sehbehinderung, die nur unter bestimmten Lichtverhältnissen auftritt.

Welche Ursache hat Nachtblindheit? Nachtblindheit Ursachen

Die Ursachen für Nachtblindheit (Hemeralopie) sind vielfältig – von angeborenen genetischen Faktoren bis hin zu ernährungs- oder krankheitsbedingten Störungen. Entscheidend ist immer, was die Funktion der Stäbchen in der Netzhaut beeinträchtigt, denn diese sind ausschlaggebend für das Sehen bei schwachem Licht.

Angeborene und erworbene Formen – was hinter Hemeralopie stecken kann

  • Angeborene Nachtblindheit:
    Bei der sogenannten kongenitalen stationären Hemeralopie handelt es sich um eine genetisch bedingte Netzhautstörung, bei der die Stäbchen von Geburt an nicht richtig funktionieren. Diese Form ist meist stabil, also nicht fortschreitend – lässt sich aber auch nicht heilen.
  • Netzhauterkrankungen:
    Vor allem die Retinitis pigmentosa oder Retinopathia pigmentosa kann zu einer zunehmenden Nachtblindheit führen. Dabei sterben nach und nach die Stäbchen in der Netzhaut ab – die Sehfähigkeit bei Dunkelheit nimmt stetig ab.
  • Vitamin-A-Mangel:
    Vitamin A ist essenziell für die Bildung von Rhodopsin, einem Sehfarbstoff in den Stäbchen. Ein Mangel an Vitamin A– etwa durch unausgewogene Ernährung oder bestimmte Darmerkrankungen – kann daher ebenfalls zu Hemeralopieführen. Diese Form ist in Industrieländern selten, aber grundsätzlich reversibel, wenn der Mangel früh erkannt wird.
  • Getrübte Linse (z. B. bei Grauem Star):
    Eine getrübte Linse kann das einfallende Licht so stark streuen, dass es bei Dämmerung oder in der Nacht nicht mehr ausreicht, um klare Bilder auf der Netzhaut zu erzeugen – ein Zustand, der dem der Nachtblindheit ähnelt.
  • Weitere mögliche Ursachen:
    • Medikamentennebenwirkungen
    • Verletzungen oder Entzündungen im Auge
    • Stoffwechselerkrankungen oder Leberfunktionsstörungen
    • Symptome der Nachtblindheit erkennen

Diagnostik bei vermuteter Hemeralopie

Wer vermutet, nachtblind zu sein oder bei schwachem Licht zunehmend schlechter sieht, sollte das nicht auf die leichte Schulter nehmen. Eine gezielte Diagnostik beim Augenarzt ist der erste Schritt, um die Ursache der Nachtblindheit (Hemeralopie) zu klären – und mögliche Augenerkrankungen frühzeitig zu erkennen.

Typische Schritte bei der Untersuchung: Welche Tests und Untersuchungen

  • Anamnese:
    Der Arzt oder die Ärztin fragt zunächst nach Symptomen, familiären Vorbelastungen und bekannten Erkrankungen, die zu Nachtblindheit führen können. Auch die Ernährung wird beleuchtet – insbesondere ein möglicher Vitamin-A-Mangel.
  • Sehtests im Hellen und Dunkeln:
    Hier zeigt sich, wie gut das Sehvermögen unter verschiedenen Lichtverhältnissen funktioniert. Dabei kommen auch spezielle Nachtblindheitstests zum Einsatz.
  • Elektroretinogramm (ERG):
    Mit diesem Verfahren misst man die Reaktion der Netzhaut auf Lichtreize – insbesondere die Aktivität der Stäbchen. Das ERG ist besonders aussagekräftig bei Verdacht auf Retinitis pigmentosa oder andere Netzhauterkrankungen.
  • Augenspiegelung (Funduskopie):
    Ermöglicht den direkten Blick auf die Netzhaut, Blutgefäße und den Sehnerv. Auffälligkeiten wie Pigmentablagerungen oder Veränderungen der Papille können auf eine Augenerkrankung hindeuten.
  • Blutuntersuchung:
    Bei Verdacht auf einen Vitaminmangel oder eine systemische Erkrankung wird auch das Blut analysiert – etwa auf den Vitamin-A-Spiegel.

Hinweis:

Ein einfacher Selbsttest zur Nachtblindheit bzw. Nachtblindheit Test (z. B. das Erkennen von Symbolen bei gedimmtem Licht) kann zwar erste Hinweise liefern, ersetzt aber keine professionelle Diagnostik. Besonders wenn die Nachtblindheit einseitig auftrittoder sich verschlechtert, sollte man rasch ärztlichen Rat einholen.

Nachtblindheit Behandlung: Was Sie tun können

Die Behandlung der Nachtblindheit (Hemeralopie) hängt stark von ihrer Ursache ab. Denn während einige Formen therapierbar oder zumindest linderbar sind, bleibt eine angeborene Nachtblindheit meist bestehen. Umso wichtiger ist eine exakte Diagnose, damit gezielt behandelt werden kann.

Was hilft bei Nachtblindheit – je nach Ursache:

  • Vitamin-A-Mangel ausgleichen
    Ein Mangel an Vitamin A zählt zu den häufigsten reversiblen Ursachen für Nachtblindheit. Hier kann eine gezielte Zufuhr – entweder über die Ernährung oder über hochdosierte Nahrungsergänzungsmittel – das Dämmerungssehen deutlich verbessern.
    ➤ Tipp: Lebensmittel wie Karotten, Süßkartoffeln, Spinat und Leber enthalten viel Vitamin A.
  • Behandlung zugrunde liegender Augenerkrankungen
    Bei Netzhauterkrankungen wie Retinitis pigmentosa oder Retinopathia pigmentosa lässt sich die Ursache für die Nachtblindheit zwar nicht heilen, aber durch frühzeitige Diagnose, regelmäßige Kontrollen und ggf. Begleittherapien kann das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamt werden. Hier kommen auch spezielle Sehhilfen für die Dunkelheit zum Einsatz.
  • Behandlung der Linse
    Ist eine getrübte Linse (z. B. beim Grauen Star) mitverantwortlich für das schlechte Sehen bei Nacht, kann eine Linsenoperation helfen – vor allem, wenn das Sehvermögen auch bei Helligkeit abnimmt.
  • Individuelle Sehhilfen
    Bei bestimmten Formen der Hemeralopie können spezielle Kontrastfilterbrillen oder optische Hilfsmittelhelfen, die Sicht in der Dämmerung zu verbessern – besonders beim Autofahren.

Was bei angeborener Nachtblindheit möglich ist:

Die kongenitale stationäre Nachtblindheit lässt sich derzeit nicht heilen, da sie genetisch bedingt ist. Aber:

  • Betroffene lernen, sich auf helle Lichtquellen zu konzentrieren,
  • meiden unsichere Situationen im Dunkeln (z. B. Nachtfahrten),
  • und nutzen technische Hilfsmittel, um im Alltag besser zurechtzukommen.

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Autor:

Dr. Victor Derhartunian

Nachdem er sein Handwerk von den beiden Pionieren der Laserchirurgie gelernt hat, gehört Dr. Victor Derhartunian zu den führenden Chirurgen in Europa. Der leitende Augenchirurg bei EyeLaser in Zürich kann seine Patienten in 5 Sprachen beraten.

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